Korallenbleiche am Mackay Reef, Australien
Bildrechte: AIMS | Veronique Mocellin | Mackay Reef

Korallenbleiche am Mackay Reef, Australien

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Australien: Great Barrier Reef – Korallen vor dem Kollaps?

Wissenschaftler beobachten im Great Barrier Reef die fünfte Massenbleiche von Korallen in acht Jahren. Als Grund nennt die zuständige Behörde Hitzerekorde bei der Wassertemperatur. Doch noch gibt es Hoffnung, dass sich das riesige Riff erholt.

Vergangenen Sommer hat das Great Barrier Reef mehr klimabedingte Auswirkungen verkraften müssen als in den Sommern davor. Darunter auch die weit verbreitete Korallenbleiche. Das hat das Australian Institute of Marine Science (AIMS) bei Untersuchungen aus der Luft und unter Wasser festgestellt.

Massenbleichen sind ein modernes Phänomen, das durch die Erwärmung der Ozeane verursacht wird. Zur ersten Massenbleiche kam es 1998, davor gab es in den 500-jährigen Aufzeichnungen zum Great Barrier Reef keine Hinweise auf derart weit verbreitete Ereignisse.

Wasser im Durchschnitt ein Grad wärmer

David Wachenfeld, wissenschaftlicher Direktor des Australian Institute of Marine Science (AIMS) hat zusammen mit anderen Instituten kürzlich einen Bericht veröffentlicht. Luftaufnahmen zeigen: Drei Viertel des Riffs kämpfen dieses Jahr mit einer Korallenbleiche.

Das erste Mal trifft die Bleiche alle Regionen des Riffs gleichzeitig. Also nicht nur den Süden und die Mitte, sondern auch den Norden, der sonst häufig verschont bleibt. "Unsere Schätzung ist, dass rund die Hälfte der Korallenriffe diesen Sommer mehr Hitzestress erlebt haben als je zuvor. Es ist wirklich ernst, sehr weitreichend", mahnt Wachenfeld. Die Wassertemperatur der vergangenen Wochen war mehr als ein Grad wärmer als im Durchschnitt.

Great Barrier Reef: Größer als Italien

Das Great Barrier Reef ist das größte zusammenhängende Riff der Welt. Es ist größer als Italien und besteht aus mehr als 3.000 Einzelriffen. Die derzeitige Massenbleiche ist die fünfte innerhalb von acht Jahren, also innerhalb eines kurzen Zeitraums.

Mark Reid von der Reef Marine Park Authority hat sie alle mitbekommen. "Es ist hart, die Auswirkungen auf dieses Ökosystem zu sehen. Wir haben dieses Jahr bereits tote Korallen gesichtet." Und die Bleiche sei noch in vollem Gange. Aber er hat auch Hoffnung. Nicht alle weißen Korallen, würden auch definitiv sterben – das hänge davon ab, wie lange die Korallen diesen hohen Temperaturen ausgesetzt seien.

Es besteht Hoffnung, dass die Korallen sich erholen

Derzeit kühlt sich das Riff langsam ab. Geht das schnell genug, nehmen die Korallen die Algen wieder auf, bekommen damit wieder Nahrung und Farbe. Ein weiterer Hoffnungsschimmer: Das Riff ist riesig und divers. Selbst an einem Riff könne es Teilen wunderbar gehen, während andere Abschnitte massiv geblichen seien, so Reid.

Nach den Luftaufnahmen seien die Forscher nun unter Wasser unterwegs, um ein noch besseres Bild von der Schwere der Bleiche zu bekommen. "Wir wissen derzeit noch nicht, wie viele Korallen so stark getroffen sind, dass sie am Ende sterben werden", so Mark Reid.

Korallen sind sehr widerstandsfähig und haben sich auch schon nach früheren Bleichen erholt. Allerdings brauchen sie dafür Zeit und die Massenbleichen passieren in immer kürzeren Abständen.

Ökosystem der Riffe wandelt sich

Das Ökosystem der Riffe befindet sich in einem Wandel: Schnell wachsende Korallen verdrängen Korallen, die hunderte Jahre zum Nachwachsen brauchen. Die schnellwachsenden Korallen sind allerdings auch sehr anfällig für die nächste Bleiche oder können bei schweren Stürmen leichter brechen.

Dabei sind Korallenriffe wichtig: als Erosionsschutz für Küsten und Strände. Sie stehen für eine vielfältige Biodiversität unter Wasser und sind Einnahmequelle für Zehntausende Menschen, die etwa vom Tourismus oder der Fischerei leben.

Aber nicht nur das australische Great Barrier Reef sei durch Korallenbleichen bedroht, sondern rund die Hälfte der Korallenriffe weltweit, so Mark Reid von der Marine Park Authority. Das Jahr 2023 war das heißeste Jahr seit Aufzeichnung.

Appell an die Regierungen, mehr gegen die Erderwärmung zu tun

Wissenschaftlerin Anne Hoggett vom Australian Museum Lizard Island kann daher nicht verstehen, warum Regierungen weiter so wenig gegen die fortschreitende Erderwärmung tun. "Es macht mich einfach wütend, dass es in unserer Macht liegt, dies zu verhindern, und wir nicht annähernd schnell genug handeln. Wir müssen unsere CO₂-Emissionen, besonders durch die Industrie, massiv einschränken. Und das ist Aufgabe der Regierungen, und es liegt nicht nur an einem einzigen Land, jedes Land muss seinen Teil dazu beitragen.

Die Wissenschaftler werden das Great Barrier Reef die kommenden Wochen weiter genau beobachten. Über Wasser und unter Wasser. In einigen Monaten können die Forscher dann sagen, ob es die verheerendste Korallenbleiche der Geschichte des Great Barrier Reefs ist. Eine der schwersten ist es auf jeden Fall.

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